20.1. 2022: BACK ON TRACKS VORLAGE ZUM AKTIONSPLAN DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION
1) Einleitung
Der Plan benennt die Probleme richtig und weist in eine positive Richtung, aber er ist nicht ehrgeizig genug. So sind beispielsweise 11 neue internationale Nachtzugverbindungen mit 2,5 Millionen Fahrgästen pro Jahr nicht ausreichend, während zeitgleich die französische Regierung 15 neue Verbindungen allein in Frankreich mit mindestens 5 Millionen Fahrgästen vorschlägt.
Eine ehrgeizigere Studie des unabhängigen Netzwerks „Oui au train de nuit“ hat gezeigt, dass Nachtzüge in ganz Europa 100 Millionen Fahrgäste pro Jahr auf 350 Strecken befördern könnten.
2) Schienenmaut und Steuern
Wir begrüßen den Vorschlag, sowohl harmonisierte und niedrigere Trassenpreise als auch eine EU-weite Mehrwertsteuerbefreiung für den grenzüberschreitenden Verkehr einzuführen. Soweit wir wissen, gilt eine solche Befreiung bereits für Exporte und Importe zwischen den Mitgliedstaaten.
Wir sind auch enttäuscht, dass das Dokument keine klare Zahl dafür nennt, was ein angemessenes Zugangsentgelt sein könnte und welches die Grenzkosten nicht übersteigen sollte.
3) Hindernisse beseitigen
Es muss einen klaren Zeitplan für die Beseitigung solcher Hindernisse und die Verbesserung der Infrastruktur, der Fahrscheinausstellung und der Informationssysteme geben, damit ehrgeizigere Tag- und Nachtdienste eingeführt werden können. In diesem Zusammenhang sind wir besorgt darüber, dass einige Unternehmen und einige Regierungen nur widerwillig Daten weitergeben oder Fragen beantworten. Wenn nötig, muss politischer Druck ausgeübt werden, um sie dazu zu bewegen, dies zu tun.
Politischer Druck lässt sich natürlich leichter ausüben, wenn die Eisenbahnunternehmen in öffentlichem Besitz sind. Andererseits können Franchisenehmer und Betreiber mit offenem Zugang Innovationen zum Nutzen aller Nutzer hervorbringen. Es muss überlegt werden, unter welchen Bedingungen neue Betreiber in den Markt eintreten.
4) Information und Rechte
Bessere Informationen sind jetzt noch wichtiger, da Open Access Anbieter beginnen, internationale Dienste anzubieten. Die Europäische Kommission sollte innovative Lösungen fördern, damit die Buchung von Reisen, die Nachtzüge einschließen, genauso einfach wird wie jede andere Reise mit dem Zug oder Flugzeug.
Die Rechte der Fahrgäste in Bezug auf Information, Buchung und Entschädigung, wenn etwas schief geht, müssen ebenfalls beachtet werden – und das grundlegendste aller Fahrgastrechte ist ein Zugdienst, der die Bedürfnisse der Kunden erfüllt.
5) Flug durch Zug ersetzen
Korridore, in denen Flüge durch Züge ersetzt werden können, müssen identifiziert und ehrgeizige Ziele festgelegt werden. Wir schlagen vor, dass die Europäische Kommission eine Liste der 500 meistgenutzten EU-internen Strecken mit einer Länge von bis zu 2000 km erstellt und abschätzt, wie und wann sie durch Züge ersetzt werden können. Die Europäische Investitionsbank sollte den Bau eines Fahrzeugpools für Tag- und Nachtzüge auf diesen Strecken finanzieren.
6) Reisedauer
Auf einigen Strecken sollte eine Nachtzugfahrzeit von 8-10 Stunden die Verkehrsverlagerung fördern, während auf anderen Strecken 12 Stunden eher akzeptabel sind (um sehr späte Abfahrten oder sehr frühe Ankünfte zu vermeiden). Auf längeren Strecken, z. B. von Dänemark in die Schweiz, sind auch 15 Stunden akzeptabel.
Nachtzüge sollten in geeigneten Fällen auch auf Hochgeschwindigkeitsstrecken verkehren.
7) Ankunftszeiten
Der Ausbau der TEN-V-Korridore zu größeren Bahnhöfen zu den für Reisende günstigen Zeiten am Morgen sollte Priorität haben.
Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang auf die „Pilotprojekte“ auf Seite 17. Es sollte klargestellt werden, dass die TEN-V-Korridore für Nachtzüge im Fernverkehr als Ganzes ausgebaut werden müssen, damit diese zu den richtigen Zeiten am Morgen in die großen Städte einfahren können; dass immer Kapazitäten vorhanden sein müssen und dass diese Züge eine höhere Priorität haben müssen als lokale, regionale und nationale Züge an den gleichen Orten und Zeiten.
8) Grenzkontrollen und Sprachanforderungen
Die Frage der Grenzkontrollen in Nachtzügen muss geklärt werden. Der Nachtschlaf sollte nicht durch Grenzkontrollen gestört werden. In der Luftfahrt werden große Teile der Passkontrollen dem Flughafenpersonal überlassen. Das Nachtzugpersonal kann damit umgehen und sollte zusätzlich zu der für das gesamte Bordpersonal vorgeschriebenen Ausbildung eine entsprechende Schulung erhalten.
Auch die überholten Sprachanforderungen müssen angegangen werden.
9) Tourismus und Regionen
Die Europäische Kommission sollte das Nachtzugkonzept durch Kofinanzierung unterstützen, um den umweltfreundlichen Tourismus und die Erreichbarkeit der Behörden in beliebten Touristengebieten zu fördern. Internationale Besucher einer Region wie Norditalien sollten es zu schätzen wissen, dass sie in einem Nachtzug schlafen können und somit mehr Zeit haben, ihren Urlaub zu genießen.
10) Stand des Modal Shift
Es muss messbare Ziele für die Verkehrsverlagerung geben, wie z. B. eine Matrix, die die prozentualen Anteile des Verkehrs mit Tag- und Nachtzügen über bestimmte Entfernungen in 5-Jahres-Intervallen zeigt.
Gegenwärtig ist nicht klar, welche politischen Ziele für die Verkehrsverlagerung gesetzt werden, und es werden auch keine Instrumente zur Bewertung der laufenden Entwicklung vorgestellt. Den allgemeinen Bemühungen um eine Erhöhung des Anteils der Schiene am EU-Personenverkehr muss eine solche Übersicht gegenübergestellt werden.