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»Die neue Volkspartei« / ÖVP – Österreichische Volkspartei A

1.

Die Reduktion der CO2-Emissionen durch die Luftfahrt ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, allerdings sollten dabei die Dimensionen im Auge behalten werden: Der Anteil der CO2-Emissionen der Luftfahrt am weltweiten CO2-Ausstoß beträgt 2,69 Prozent. Ab 2020 soll der Luftverkehr CO2-neutral wachsen, d.h. das Luftverkehrswachstum darf nicht mehr zu einem Mehr an CO2-Emissionen führen. Um das zu erreichen, müssen dann die Fluggesellschaften für das zusätzliche Kohlendioxid Zertifikate kaufen und von dem Erlös werden zertifizierte Klimaschutzprojekte finanziert, die die entsprechende CO2-Menge an anderer Stelle einsparen. Das ist ein wirkungsvoller Schritt, denn der Luftverkehr wächst – jedes Jahr um etwa fünf Prozent weltweit. Immer mehr Menschen fordern ihr Recht auf Mobilität ein, Länder und Kontinente rücken im Zuge der Globalisierung enger zusammen. Das Flugzeug ist in der globalisierten Welt auf vielen Strecken einfach alternativlos. Der Ausbau der transeuropäischen Bahnstrecken wird von uns befürwortet. Österreich leistet einen wesentlichen Beitrag mit dem Ausbau der Weststrecke, sowie dem Bau des Semmering- und Koralmtunnels (Attraktivierung der Südstrecke) und des Brennerbasistunnels.

Wir stehen für eine Vielfalt von Mobilitätsoptionen, bei denen zweifellos auch attraktive Nachtzüge eine bedeutende Rolle spielen können, sofern sie von den Konsumenten angenommen werden.

Das klimafreundliche System Schiene hat sich in über 175 Jahren zum Rückgrat des öffentlichen Personenverkehrs und für viele Wirtschaftszweige auch zum unverzichtbaren Transportpartner im Güterverkehr entwickelt. Aber so wie wir im Bereich der Energie oder der Informations- und Kommunikationstechnologien eine leistungsfähige Infrastruktur sicherstellen wollen, müssen wir auch den öffentlichen Verkehr und insbesondere die Schiene unter dem Leitbild der Ökoeffizienz modernisieren. Um den Verkehrsträger Schiene als klimafreundliches Transportmittel weiter zu stärken, gilt es, die positiven Effekte aus dem europaweit einzigartigen Investitionsprogramm nutzbar zu machen, das Dienstleistungsangebot für die Kunden permanent zu verbessern sowie Effizienzsteigerungspotenziale zu heben.

Österreich liegt in der Mitte Europas und stellt somit allein durch die geografische Lage eine wichtige Drehscheibe dar. Diese Position kann durch die stärkere Entwicklung der transeuropäischen Netze enorm profitieren. In Österreich arbeiten wir derzeit an der Weiterentwicklung des ZIELNETZ 2025+ und der Schaffung eines österreichweiten integrierten Taktfahrplans mit den dafür notwendigen Kapazitäten.

2.

Die wachsende Zahl an Eisenbahnunternehmen spielt eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Effizienzsteigerung im Schienenverkehr. Ihr diskriminierungsfreier Zugang zum Schienennetz muss jedenfalls gewährleistet sein. Derzeit laufen Vorbereitungen auf den Wettbewerb bei überregionalen Schienen-Verbindungen: Geplant ist die Entwicklung eines Maßnahmenplanes zur schrittweisen Einführung wettbewerblicher Vergabeverfahren für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen unter Berücksichtigung der optionalen Möglichkeit für Direktvergaben bei der Erbringung von regionalen und kommunalen Verkehrsdienstleistungen. Grundsätzlich zeigt sich gerade beim Flugverkehr, dass mehr Wettbewerb zu mehr Angebot und niedrigeren Preisen führt. Wo es möglich ist soll daher auch auf der Schiene freier Wettbewerb ein europäisches Ziel sein.

3.

Seit dem EU-Beitritt Österreichs gab es bereits vier sogenannte Eisenbahnpakete. Im Gegensatz zur erfolgreichen Liberalisierung des Flugverkehrsmarktes ab 1995 wurde die Liberalisierung des Eisenbahnmarktes wiederholt von Gewerkschaften und ehemaligen Staatsbahnen verwässert. Somit ist die Schiene der einzige Verkehrsträger, bei dem, nach Zählung der EU Kommission, weiterhin über 13.000 verschiedene einzelstaatliche Regelungen gelten und die ein effizientes grenzüberschreitendes Wirtschaften behindern. Beispielsweise muss jede Lokomotive in jedem Land extra zugelassen werden, was ein erheblicher finanzieller und zeitlicher Aufwand ist. Österreichische Personenzüge dürfen wegen Brandschutzvorschriften nicht nach Italien fahren und Lokführer müssen die jeweilige Landessprache auf dem Niveau B1 beherrschen. Durch diese protektionistischen Maßnahmen wird Wettbewerb verhindert und das System Schiene künstlich verteuert.

Der Verkehrsträger Bahn muss sich den Herausforderungen der Liberalisierung (EU-Eisenbahnpakete) stellen. Die Liberalisierung geht in die richtige Richtung, es ist aber eine größere Kraftanstrengung notwendig, um die Schiene konkurrenzfähig zu machen. Es gibt einige Beispiele, wie die Hochgeschwindigkeitsverbindung Brüssel-Paris oder die privaten Hochgeschwindigkeitsverbindungen in Italien, die zeigen, dass die Schiene erfolgreich Flugverbindungen ersetzen kann, wenn das Angebot und der Wettbewerb passen. Alleine zwischen Brüssel und Paris sind die Flugverbindungen um über 50% zurückgegangen. Voraussetzung dafür ist allerdings freier Wettbewerb – wie auf der Straße und in der Luft seit langem üblich.

4.

Auch eine solche Lösung muss sich auf dem Markt bewähren. Modelle, die nur durch Dauersubvention bestehen können, lehnen wir ab. Ein wichtiges Ziel ist, EU-Gelder für Infrastrukturausbau entlang der europäischen Achsen zu lukrieren. Dazu braucht es eine intensive Kooperation mit unseren Nachbarstaaten zur Dotierung und Priorisierung für Infrastrukturausbauvorhaben entlang der Transeuropäischen Netze (TEN-Förderung) und die Neuaufnahme weiterer Verbindungen. Die auf europäischer Ebene vereinbarten Projekte wie etwa Zulaufstrecken sollen auch mit Nachdruck eingefordert werden. Die Schiene hat das Potential, sich als billige und schnelle Alternative zu Flugreisen zu etablieren. Dies bedingt aber eine verstärkte Investition in das TEN-T Kernnetz und folgend in das Komplementärnetz – sowie in die vollständige Ausrüstung des europäischen Netzes mit ERTMS. Sobald die Infrastruktur mit staatlicher Hilfe ausgebaut ist – und ein freier und fairer Zugang zur selbigen garantiert ist –, werden sich privatwirtschaftliche Akteure finden und die gefragten Angebote zur Verfügung stellen.

5.

Infrastrukturprojekte müssen effizienter und budgetschonender umgesetzt werden. Dafür werden wir uns auf europäischer Ebene einsetzen.

6.

Was jetzt vorliegt, ist ein Beschluss des EPs in erster Lesung, die Trilogverhandlungen zu den Eisenbahnpassagierrechten sind noch nicht abgeschlossen. Wichtig ist jedenfalls, dass Eisenbahnunternehmen ihre Informationen Drittanbietern zugänglich machen müssen, denn damit können (ähnlich den Anbietern wie Opodo und Co. im Flugverkehr) unabhängige Plattformen dem Kunden das beste Angebot zur Verfügung stellen. Weiters schlug das Parlament vor, dass ab einer Verspätung von 1h 50% des Preises und ab 2h Verspätung 100% des Ticketpreises erstattet werden müssen. Die Stärkung der Passagierrechte wird das System Schiene als solches stärken. Die Frage der außergewöhnlichen Umstände ist umstritten, da zum Beispiel Spanien darauf besteht, dass Schneefall als höhere Gewalt zu werten ist, während das angrenzende Frankreich Schneefall nicht als Form der höheren Gewalt wertet. Laut einer Studie des EPs würden sich die Fälle höherer Gewalt auf 8 Millionen Euro pro Jahr in ganz Europa summieren. Der Betrag ist verkraftbar, da durch die Streichung von außergewöhnlichen Umständen den Passagieren ähnliche Schikanen wie im Flugverkehrssektor erspart werden. Den Eisenbahnunternehmen ist es außerdem unbenommen, sich gegen gewisse Fälle zu versichern. Eine Abwälzung des Risikos auf Kunden ist nicht notwendig, gerade wenn man die Schiene attraktiver machen möchte.

7.

CORSIA ist noch nicht in Kraft getreten, und eine Beurteilung über die Wirksamkeit ist deswegen noch nicht möglich. Immerhin ist die Luftverkehrsbranche dank CORSIA weltweit der erste und bislang einzige Industriesektor mit einem eigenen Klimaschutzinstrument. Effizienzsteigerungen durch die Umsetzung von SES II+ würden allerdings bereits CO2 Einsparungen von über 20% im europäischen Flugverkehr bringen. Ähnliches gilt für die Entwicklung effizienterer Triebwerke über europäische Rahmenforschungsprogramme. CO2-neutraler Flugverkehr kann durch den Einsatz von synthetischen Treibstoffen technisch bereits jetzt realisiert werden, notwendig ist dazu aber ein Ausbau der erneuerbaren Energien. Flugbewegungen selbst können durch eine Verbesserung des Systems Schiene reduziert werden. Eine Verteuerung des Flugverkehrs hätte aufgrund der fehlenden Alternativen keinen nachhaltigen Effekt, es würde lediglich den unerwünschten Effekt haben, dass Fliegen für manche sozialen Schichten nicht mehr leistbar wäre.

Faktum ist, dass kaum eine andere Branche sich selbst derart ambitionierte Ziele gesteckt hat wie der Luftverkehr. Bereits 2009 haben sich Fluggesellschaften, Flugzeughersteller, Flugsicherungen und Flughäfen weltweit auf eine Klimaschutzstrategie verständigt. Der Fokus liegt dabei auf der Reduktion von Kohlendioxid. Die Klimaschutzstrategie besagt unter anderem: Die Treibstoffeffizienz wird pro Jahr um 1,5 Prozent gesteigert. Mit der Senkung des spezifischen Energiebedarfs der Flugzeuge wird der Verbrauch von Kerosin und somit der CO2-Ausstoß pro Passagier reduziert. Bisher wird das Ziel Jahr für Jahr erreicht. Das führt schon heute zu einer Entkopplung des Kerosinbedarfs vom Verkehrswachstum.

Im nächsten Schritt geht es darum, das sogenannte CO2-Kompensations-System zur Verrechnung des ausgestoßenen Kohlendioxids wirkungsvoll auszugestalten und umzusetzen.

Auch die Umsetzung von Single European Sky würde enorme Einsparungen an Flugzeit und Treibstoffverbrauch bringen und sollte daher weiterverfolgt werden. Ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist eine effiziente und kostenoptimierte Flugsicherung. Die diesbezüglichen Tarife sollen schrittweise reduziert werden.

7.1.

Im Unterschied zu anderen Verkehrsträgern trägt der heimische Luftverkehr seine Wegekosten für die Nutzung der Infrastruktur auf Flughäfen und im Luftraum über Nutzergebühren statt durch Steuern – und finanziert sich damit selbst.

Wenn der Gesetzgeber eine Kerosinbesteuerung einführen würde, müsste er gleichzeitig das Prinzip der Nutzerfinanzierung aufgeben, indem er etwas die Flugsicherungsgebühren aus Steuergeldern selbst übernimmt.

Im Schienenverkehr ist man von einer kompletten Nutzerfinanzierung weit entfernt. Obwohl die Nutzer des Bahnverkehrs Trassenentgelte entrichten müssen, reichen diese nicht aus, um den Bau und Erhalt der Infrastruktur zu decken.

Im Jahr 2018 betrugen die öffentlichen Ausgaben in Österreich für den Schienenverkehr 3,2 Mrd. Euro (BVA 2018), für die Luftfahrt gesamt nur 14,2 Mio. Euro, der Großteil dafür entfiel auf behördliche Aufgaben. Schon jetzt wird also der Schienenverkehr mit durchaus gutem Grund im Wettbewerb gestützt.

Die Volkspartei will weitere Kostenbelastungen für die Menschen in Europa vermeiden, sondern stattdessen positive Anreize setzen, um die Passagiere zu einem freiwilligen Umstieg auf öffentliche, klimafreundliche Verkehrsmittel zu bewegen.

7.2.

Statt Verboten setzen wir auf positive Anreize, um die Fahrgäste zu einem freiwilligen Umstieg auf öffentliche, klimafreundliche Verkehrsmittel zu bewegen. Mündige EU-Bürger entscheiden über Wahl der Verkehrsmittel selbst. Aufgabe der Verkehrspolitik ist es, für faire Rahmenbedingungen zu sorgen, damit Menschen ein ausreichendes Angebot für die Deckung ihrer Mobilitätsbedürfnisse vorfinden.