Back-on-Track Belgien, Deutschland und Schweiz, Foto: ÖBB / Lukas Bezila
Der Nightjet der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) wird immer wieder diskutiert – auch in den sozialen Medien. Eine sehr engagierte Community hat sich gebildet, die nicht nur starkes Interesse am Produkt Nightjet zeigt, sondern auch kritisch ihre Meinung äußert. Am 25. Juni wurden einige Mitglieder dieser Community von den ÖBB nach Wien in die Open Innovation Factory eingeladen. Unter den Teilnehmenden waren auch Mitglieder von Back-on-Track Belgien (u.a. Alexander Gomme), Deutschland (Patrick Neumann und David Prenninger) und der Schweiz (Sibylle Trenck-Germann).
Ziel des Treffens: Dialog und Feedback
Die ÖBB möchte mit der Nightjet-Community in einen offenen Dialog treten, deren Gedanken und Anregungen hören. Kurt Bauer, Leiter des ÖBB-Fernverkehrs, eröffnete das Treffen mit einer Einführung zur Entstehungsgeschichte des Nightjets. Die Übernahme des Nachtzuggeschäfts von der Deutschen Bahn (DB) durch die ÖBB im Jahr 2015 innerhalb von nur 14 Monaten war ein beeindruckender Kraftakt.
Bauer betonte besonders das Engagement der Mitarbeitenden der ÖBB sowie der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), ohne die dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre. Die Frau eines ÖBB-Mitarbeiters hatte sogar eigenhändig die Kissen zur Einführung des Nightjets genäht, um die Kundinnen und Kunden bei der Premiere nicht zu enttäuschen.
Die Schweizerischen Bundesbahnen übernahmen das wirtschaftliche Risiko für den schweizerischen Teil der Strecken, die Österreichen Bundesbahnen ihren Teil. Das zeigt, dass die Segmentierung des Risikos ein Beschleuniger für die Zusammenarbeit der Bahnen ist, respektive sein kann.
Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
Die Community wurde über die aktuellen Entwicklungen und zukünftigen Pläne des Nightjets informiert. Dabei wurden auch die derzeitigen Qualitätsprobleme offen thematisiert, die die ÖBB vor Herausforderungen stellen: So werden z.B. die Strecken Wien – Paris, Berlin – Paris und Berlin – Brüssel aufgrund umfangreicher Bauarbeiten vom 12. August bis 25. Oktober 2024 pausiert.
Auch die Verbindungen München – Rom und Wien – Rom fallen mehrere Monate lang aus. Wegen einer Streckensperre in Italien können diese Nightjets vom 8. Juni bis 9. September 2024 leider nicht fahren und entfallen daher im gesamten Streckenverlauf, da keine alternativen Trassen zur Verfügung stehen. Ab 10. September 2024 wird dann der Nightjet der neuen Generation mit mehr Komfort für Reisende auf der Strecke eingesetzt. Die Nightjets ab München über Mailand nach La Spezia und ab Stuttgart über München nach Venedig sind nicht von einer Streckensperre betroffen und weiterhin im Einsatz nach Italien.
In Zukunft möchten die ÖBB den Fokus auf Stabilität und Verbesserung der Produkt- und Service-Qualität legen und die Kapazität auf den bestehenden Strecken erhöhen.
Ideation Workshop: Lösungen gemeinsam erarbeiten
Gemeinsam mit Mitarbeitenden der ÖBB aus der Innovationsabteilung und dem Produktmanagement führten die Teilnehmenden einen Ideation Workshop durch. In drei Gruppen sammelten und diskutierten sie das Feedback der Community zur Produkt- und Servicequalität des Nightjets. Es wurden viele aktuelle Probleme angesprochen: Was läuft schief? Warum? Wie will man diese Probleme in den Griff bekommen? Welche Entscheidungen wurden getroffen und warum?
Die Nightjet-Community und ÖBB-Mitarbeitende, Foto: ÖBB / Lukas Bezila
Derzeit stehen folgende Herausforderungen im Fokus:
- Ausfälle von Schlaf- und Liegewagen aufgrund von Reparaturmaßnahmen
- Verspätungen und Ausfälle aufgrund von Baustellen und Rangierverboten
- Fehlende Werkstätte an den jeweiligen Destinationen zur Reparatur von Defekten
- Verzögerung der Auslieferung neuer Nightjets
- Regulationen im internationalen Bahnverkehr
- Probleme bei der Kundeninformation in Echtzeit
- Defizite in der Kundenfreundlichkeit des Servicepersonals
- Fehlende Infrastruktur wie Strom und Abwasser bei einigen europäischen Destinationen
- Netzvergrößerung in Zusammenarbeit mit Partnerbahnen
Politische Einflüsse und internationale Zusammenarbeit
Internationale politische Entwicklungen haben nach wie vor einen großen Einfluss auf Entscheidungen im Bahnsystem, auch beim Nightjet. Die ÖBB würden die SBB bei Nightjets auf der Strecke Zürich – Barcelona unterstützen. Hier müsste die Schweiz vorangehen, welche unter dem Druck von politischen Interessen und Entscheidungen derzeit beim Thema Nachtzug ausgebremst wird.
Fazit und Follow-up
Durch die Einladung der Community in die Open Innovation Factory zeigt die ÖBB ihre Bereitschaft, zuzuhören und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Der Austausch war ein wichtiger Schritt, um die Qualität des Nightjets weiter zu verbessern und die Wünsche und Bedürfnisse der Reisenden noch besser zu berücksichtigen. Die ÖBB möchten das Nightjet Community Meetup regelmässig durchführen, um das Feedback der Community kontinuierlich abzuholen.
Die Mitglieder von Back-on-Track sind hierzu herzlich eingeladen ihr Feedback in den jeweiligen Gruppen mitzuteilen.
Impressionen vom Nightjet-Community Meetup, Foto: ÖBB / Lukas Bezila